Donnerstag, 4. November 2010

Backen mit der Freundin

Schwangere Frauen entwicklen ja bekanntlich den sogenannten Nestbautrieb. Da das "Nest" schon weitgehend fertig ist - Bettchen steht, Wickelkommode auch, Erstlingsgarderobe ist auch fast komplett, Kinderwagen ist bestellt... - wandelt sich das bei mir zum Backtrieb um.
Da meine ganzen Koch- und Backhefte aber alle noch verstaut sind, habe ich mir kurzerhand eine Freundin gekauft, also die Zeitschrift namens Freundin natürlich ;) Die kaufe ich mir nicht gerade oft, weil mich Frauenmagazine allgemein eher weniger tangieren von den Inhalten her, aber wenn es gutes Extraheft dabei ist, kann man die 2 Euro irgendwas schonmal investieren. Die letzte Freundin habe ich mir auch nur wegen des Specials zum Thema Marmelade und Einwecken geholt...

Nun zum Plätzchen-Special:

Das Heft ist wirklich eine Augenweide! Die Fotos sind wunderschön und man weiß sofort: "So werden die bei mir niemals aussehen, bin ja kein Foodstylist..." Aber hey, das müssen die Makronen, Lebkuchen und Co. ja für den Hausgebrauch auch eigentlich nicht, oder?
Vielmehr geht's doch um den guten Geschmack und den Spaß am Backen, was das Werkeln am heimischen Herd angeht. Die schönen Fotos können dazu durchaus eine gelungene Anregung sein und inspirieren den Hobbybäcker vielleicht bei der Gestaltung der eigenen Plätzl. Zumindest machen sie Lust auf's Ausprobieren! Es gibt auch langweiligere Backzeitschriften, wo Präsentation und Rezept nicht gerade suggerieren: "Hey, Back mich, ich schmecke bestimmt so gut wie ich aussehe!"
Das Heftchen ist übersichtlich aufgebaut: Erst kommt ein Grundrezept - das umfasst hierbei Anleitungen für Makronen-, Mürb-, Lebkuchen und Spritzgebäckteig - dann kommen spezielle Abwandlungen mit denen man aus dem Grundteig  zahlreiche andere Plätzchen zaubern kann: Makronenteig  >>>  Dattelmakronen, Walnusstangen, Amarettini...
Anschließend gibt es noch eine Nostalgiesparte, die Klassiker aus Deutschland und der Welt enthält.
Zwischendurch gibt es noch eine Doppelseite mit nützlichem Wissen und Tipps zum Backen allgemein und eine Einzelseite mit schicken Backutensilien der Saison, welche ich als einzige doch als verzichtbar ansehe, aber naja, bissel "Werbung" ist nicht schlimm. Wäre unangenehmer, wenn's wie bei fast allen Koch- und Backzeitschriften jede vierte bis fünfte Seite beträfe. Hier steht zwar da und dort auchmal der Verweis auf eine bestimmte Küchenmaschine oder im Rezept steht halt ein Markenhersteller, aber aufdringlich ist was anderes. Man kann sowas doch gut ausblenden und sich auf's Backen konezntrieren.
Ganz schön finde ich bei allen Abschnitten, dass Rezept und Bild nie getrennt sind. Zwar muss man zwei Seiten bemühen, wenn man nicht nur einen Grundteig herstellen will, aber da das Rezept unmittelbar am Anfang jeder Sparte zu finden ist und eh zuerst hergestellt wird, bevor man zu den Variationen kommen kann, stört das kaum. Außerdem kann man auch einfach mehr Grundmasse machen und dann fröhlich rumprobieren, wie unterscheidlich doch die Ergebnisse daraus ausfallen können, indem man andere Zutaten nutzt.
Zu den Rezepten allgemein lässt sich sagen, dass auch sie sehr übersichtlich gestaltet wurden: Oben Zutaten - mittig Zubereitung - unten Angaben zu Kalorien, Back- und Zubereitungszeit. Wichtige Angaben zum Beispiel zur Größe des zu verwendenden Bleches, zur Backofenschiene sowie alternative Temperaturangaben für Gas- oder Umluftherde fehlen zu meinem Bedauern leider fast gänzlich - ein wirkliches Manko des Heftes, wie ich finde!
Ein weiterer Minuspunkt findet sich bei den Spezialvariationen der einzelen Grundteige wieder: Man braucht nicht selten extrem teure oder sehr, sehr ausgefallene Zutaten dafür, was dazu führt, dass das Backen schnell eine teure Angelegenheit werden kann oder man einfach die Lust verliert, ein bestimmtes Gebäck herzustellen, weil man die Zutaten einfach nicht bekommt. Manchmal wird auch konkret auf bestimmte Marken oder Hersteller verwiesen ohne Alternativen zu nennen. Muss es denn unbedingt Lübecker Marzipan oder der Tropen-Trockenfrüchte-Mix von der teuersten Firma am Markt sein? Könnte man nicht einfach auf Marzipanrohmasse verweisen oder schreiben, was drin ist beim Spezialdörrobst, damit man auf billigere Produkte ausweichen kann? Warum braucht man unbedingt Reismehl für Cranberry-Shortbread? (Hätte man hingeschrieben, warum, erschiene der Kauf einer ganzen Tüte, für die man sich extra zum Asialaden bemühen muss, auch wenn man nur 50g braucht, vielleicht nicht ganz so sinnlos...) Warum steht da nur "weiße Trinkschokolade - instant", wenn hier ausnahmsweise mal 'ne Firmenangabe oder Bezugsadresse sinnvoll gewesen wäre? Und warum bekommt man (fast) nirgends getrocknete Birnen? Warum wird da nicht heingeschrieben: "Gibt's im Reformhaus" oder: "Alternativ nehmen Sie getrockenete Äpfel."?
- Solche Probleme beim Backen frusten echt. Da will man fast bei den Grundteigen bleiben oder gar nicht erst loslegen.
Auch Teige, auf die man echt lange warten muss, sind echte Showstopper. Zum Teil soll man für einzelne Plätzchen 6 bis 12 Stunden Zeit extra einplanen - warum steht aber nicht wirklich da. Ein kurzer Hinweis dazu wäre nett gewesen. Dann weiß man, dass der Teig eben "durchziehen" muss wegen bestimmter Gewürze oder "trocknen" wegen der Konsistenz usw. Aber naja... man muss ja nicht daneben sitzen und die ganze Zeit die Schüssel anstarren, von daher...

Nun zur Backerfahrung mit dem Heft:

Bisher habe ich erst ein Rezept gebacken, das Schoko-Nuss-Gebäck, das im Heft als Klassiker bezeichnet wird. Naja, so richtig "klassisch" finde ich die Plätzchen, die eher an Brownies erinnern eigentlich nicht. Aber im Gegensatz zu den meisten anderen Gebäcksorten, ist es wirklich auf die Verwendung von Standardzutaten ausgelegt. Man braucht keine fancy Extras wie Reismehl oder Blattgold und muss auch nicht viel Zeit einplanen, weil die Zubereitung wirklich schnell geht. Nur Schoki reiben macht keinen Spaß und ich habe auch keine Küchenmaschine, die mir das abnimmt leider. Aber naja, man verkraftet es, seinen Arm mal bissel zu trainieren, auch wenn's auf Dauer etwas anstrengend ist. Oder man kauft halt Schokoraspeln... das nächste Mal.
Jedenfalls ist das Gebäck sehr lecker geworden und hat auch schon viele Testesser überzeugt, so dass ich es mal wieder backen werde, villeicht mal mit weißer Schokolade und ohne Zimt. Mal gucken...
Momentan werkel ich noch an den Birnenlebkuchen, die ich dann aber erst in zwei, drei Wochen essen darf, weil Weihnachtsgewürze wohl Wehen hervorrufen können :( Naja, der Teig ist fertig und ich habe nur schlappe 2,5 Stunden dafür gebraucht, weil ich keinen "Blitzhacker" besitze, wie schon erwähnt, und alles von Hand hacken durfte. Gemahlenen Walnüsse gibt es nicht zu kaufen und getrocknete Birnen, die ich nach drei Tagen Suche in diversen Dresdner Läden für luxuriöse 3,30 Euro im Reformhaus gefunden habe, haben z. T. die Konsistenz von Schuhsohle und lassen sich dementsprechend blöd zerkleinern. Kandierte Früchte und Sultaninen kleben wie Hexe am Messer. Und Marzipan lässt sich nicht wirklich reiben, weils's warm wird und haften bleibt an allem, was es berührt. Hab sogar ne Blase am Finger vom Tüdeln :(
Naja, nach 2,5 Stunden hatte ich alles gemischt, dann musste der Teig "trocknen" bzw. "ruhen" - für 6 Stunden... Da hat es mir nichtmal was gebracht, dass ich halb 9 frühs geschniegelt und gespornt in der Küche stand, weil ich ja dann nach Zubereitungs- und Wartezeit woanders sein musste... naja, der Teig schläft halt bei mir bissel länger. Er steht im Kühlschrank, sind ja Eier dran, und wartet gebacken zu werden. Dazu hatte ich aber noch keine Lust, ich geb's zu. Wird wohl nicht mein Lieblingsrezept werden, es sei denn die Lebkuchen schmecken am Ende göttlich, dann überleg' ich's mir vielleicht nochmal. Oder auch nicht. Nein, eher nicht...

FAZIT:

Schönes Heft mit leichten Mängeln. Für Backanfänger eigenen sich die Grundteigrezepte allemal - für die Variationen sollte man jedoch etwas Können, Einfallsreichtum und ein paar Euro extra mitbringen. Und einen Blitzhacker besitzen...

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