Donnerstag, 21. Oktober 2010

(Non-)verbale Kommunikation im ÖPVN

Die Straßenbahn ist in Dresden definitiv eines der komfortabelsten Mittel, um von A nach B zu gelangen. Das Netz ist gut ausgebaut, der Preis für eine Monatskarte annehmbar und die meist neuen Bahnen sind nicht selten sehr geräumig sowie mit vielen Sitzplätzen ausgestattet.
Trotzdem kommt es dann und wann mal wieder vor, dass gerade auf den stark befahrenen Strecken zu bestimmten Tageszeiten derart viel Betrieb herrscht, dass es zu einem gewissen "Sitzengpass" kommen kann. Das hat dann ganz unterschiedliche Folgen:
Zunächst füllen sich die Restplätze, das heißt, es setzen sich Leute auf die Sitze, die andere Fahrgäste neben sich unbewusst oder bewusst (der Deutsche sitzt ja nicht gerne neben jemandem, den er nicht kennt, wie man weiß...  oder auch nicht...) freigelassen oder blockiert haben. Dann kommt es auch schonmal vor, dass man mit den unterschiedlichsten Menschen die Bank teilt wie zum Beispiel Touristen, Kindern, Rentnern (yeah -.-), Studenten... oder heftigst pubertierenden Teenagern, die ihrem/ihrer Liebsten an jeder Haltestelle genau mitteilen müssen, wo sie gerade sind und das nach Möglichkeit auch noch zigmal wiederholen, weil der Gesprächspartner es entweder an den Ohren hat oder die Verbindung grottenschlecht ist... (Das ist dufte! Durfte ich heute erleben, auch wenn das Mädel nicht neben, sondern hinter mir saß - und zwar gleich drei Reihen... Aber keine Sorge, ich konnte zumindest ihre Seite der Konversation hervorragend verstehen. Sie scheint wirklich gut mit ihrem Freund zu harmonieren, wenn ich nach dem Gespräch gehe, zumindest akustisch. Sie war sich jedenfalls nicht zu fein, alles wieder und wieder zu wiederholen in einer deutlich gehobenen Lautstärke. Das muss Liebe sein...)
Neben der verbalen Kommunikation gibt es ja auch diejenige welche, die ganz ohne Worte auskommt, was ich ganz bemerkenswert finde und manchmal sogar für angebracht halte, wenn es die Situation erfordert. Noch erstaunlicher als der Vorgang selbst ist allerdings der Umstand, dass es meiner Meinung nach nur zwei Arten davon gibt- nämlich die, die funktioniert und die, die nicht klappt...
Um das ganze mal wissenschaftlich anzuhauchen: Der (non-)verbale Akt ist erfolgreich, wenn der Sender dem Empfänger eine Nachricht schickt, deren Code beiden bekannt ist, sprich über dessen Bedeutung sich beide einig sind, wodurch der Empfänger angemessen auf die Botschaft reagieren kann. So weiß der Sender, er wurde verstanden. Oft sind die Inhalte einfach zu entschlüsseln, zum Beispiel weil man schon ähnliche Erfahrungen gemacht hat oder weil es entsprechende Konventionen des Alltags gibt.
Das heißt aber nicht, dass nonverbale Kommunikation immer angebracht ist. Oder die Art, in der sie "geäußert" wird. Und wie gesagt, erfolgreich ist sie auch nicht immer... Hier mal ein Beispiel, heute erlebt:
Ich sitze am Gang, der Fensterplatz ist frei. - Ich will mich mit meiner Murmel nicht unnötig in die enge Sitzreihe zwängen und die Einzelplätze am Fenster waren alle besetzt (von Rentnern, wie könnte es auch anders sein). Mein Ziel ist der Postplatz. Um dahin zu gelangen, fährt die Bahn über einige Haltestellen unter anderem über die an der Prager Straße (das ist nur ein Halt vor meinem Ziel), wo erfahrungsgemäß viele Leute ein- und aussteigen. So, jetzt kommunizieren wir mal nonverbal, Achtung *trommelwirbel*: Eine Rentnerin steigt ein, geht drei Schritte, erspäht meinen leeren Nachbarplatz und bleibt unvermittelt stehen. Sie guckt unvermittelt mit leeren, vorwurfsvollen Augen auf den Sitz neben mir und macht *Überraschung* GAR NICHTS.
Da ich ja eine gute Kinderstube genossen habe und man "zu meiner Zeit" noch ältere Personen hat hinsetzen lassen, verkneife ich mir meine nicht ganz so nonverbale Reaktion ("Gucken Sie so traurig, weil Sie ihre Zunge verschluckt haben oder wollen Sie mir sagen, dass Sie sich eventuell setzen möchten?") und stehe lächelnd auf. Trotz der Unfähigkeit der Dame, ebenfalls ihre Mundwinkel ein paar Millimeter nach oben zu zwingen, klappt unser "Gespräch" und die Frau murmelt ein teilnahmsloses "Danke", ohne mich dabei anzugucken.
Dummerweise sind nicht alle Leute, die Straßenbahn fahren, mit der Gabe gesegnet, bestimmte Aktionen richtig auszulegen. So kam es, dass sich an die geglückte nonverbale Kommunikation auch gleich noch eine mißglückte anschloss.
Ich gebe ja zu, ich bin eine fitte Schwangere und nicht jedem fällt der Bauch, auch wenn er mittlerweile recht prominent ist, unter dem dicken Mantel sofort auf... aber wenn ich aufstehe, um einer Rentnerin einen freien Platz neben mir anzubieten, heißt das noch lange nicht, dass sich dann die nächstbeste Trulla dranhängen darf und ihre opulente regio glutaea mit einer unendlichen Selbstverständlichkeit auf meinen Sitz schwingen darf. Wer in aller Welt nimmt bitte einer Hochschwangeren den Sitz weg? Hätt' ja sein können, ihr fahre noch zehn Haltestellen und nicht nur eine... Neeneenee, das hätte selbst ein mittelintelligenter Chimpanse durch reines Beobachten geschnallt, dass das nicht die beste Idee des Tages war. Selbst die Beamtin im Einwohnermeldeamt hat ganz ungefragt den Kinderfreibetrag im Zusammenhang mit der bevorstehenden Geburt unseres Babys angesprochen, als wir neulich da waren und wie lange hat dich mich gesehen? Vielleicht ganze zwei Sekunden auf dem Weh von Stuhl A im Wartebereich zu Stuhl B vor ihrem Tisch, was deutlich kürzer war als die Zeit, die ich zum Aufstehen benötigt habe in der Straßenbahn... Oder man hätte einfach mal nachgefragt, ginge ja auch...
Bin dann doch mal etwas verbaler geworden - nicht so verbal, wie ich es gerne gehabt hätte, aber naja... - weil das ohne Worte ja nicht geklappt hat. Hab mich dann aber lediglich auf ein blankes "Ich hätte meinen Sitzplatz doch ganz gerne behalten..." beschränkt mit angemessen vorwurfsvollem Ton und passendem Gesichtsausdruck, auch wenn's nur um eine Haltestelle ging, schon aus Prinzip.
Antwort, geheuchelt, weil keinerlei Anstalten zum Aufstehen machend: "Achso, ich dachte, Sie wollten aufstehen..."
*seufz* Ich wollte nicht aufstehen, ich wurde dazu aufgefordert - von der glotzenden Omi mit Gesichtslähmung - halt nonverbal. Naja, ist eben nicht jeder dazu fähig, sich ganz ohne Worte auszutauschen. Hab' es dann auf sich beruhen lassen und abgewunken, auch wenn mir da noch ein/zwei Sachen zu eingefallen sind, die ich dann doch lieber ungesagt lasse ;-)

1 Kommentar:

Dara* hat gesagt…

Da hättest Du durchaus mal Deinen Schwangeren-Hormon-Bonus ausspielen und sie ordentlich zur Schnecke machen können.

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